Sonntag, 1. Februar 2015

Kurzgeschichte | Der Weißkopfadler und der Delphin



„Der Weißkopfadler und der Delphin“

Vor etwa 4 Jahren wurde ein Weißkopfadlerweibchen geboren und schon sehr früh wurde sie in Gefangenschaft genommen. Denn sie ist Wilderen in die Falle gegangen. Man hat ihr die Schwingen gestutzt, damit sie nicht mehr in vollkommener Freiheit leben konnte. Sie musste Kunststückchen üben, die ihr einfach zu wider waren. Aber all dem konnte sie nicht entfliehen und wenn man genau hinsah, konnte man den Weißkopfadler weinen sehen. Wie sehr wünschte sie sich, dass ihre Flügel wachsen würden, damit sie über das weite Meer fliegen konnte. Doch jedes mal wenn die Flügel zu wachsen begannen, wurden sie wieder gestutzt. Oft hat sie versucht sich den Wilderen zur Wehr zu setzen, aber es half alles nichts. Selbst als sie dem einen Mann fast das Auge aus pickte, schafften es die Männer den Adler wieder einzufangen. Aber sie gab nicht auf, denn eines Tages würde ihre Chance kommen.

2 Jahre bevor dies alles geschah, kam ein kleiner Delphin zur Welt. Er war sehr quirlig, lebenslustig und immer voller Tatendrang. Anstatt wie seine Artgenossen sich von den Fischen zu ernähren, versuchte er mit ihnen zu spielen.  Er schubste sie vor sich hin und verstand nicht, warum sie in großen Schwärmen vor ihm davon schwammen. Eines Tages zogen die Delphine in Richtung Küste. Was der kleine Delphin nicht wußte, dass dies sein letzter Tag mit seiner Großfamilie sein würde. Denn etwa 50 Meilen vor der Küste waren Thunfischfänger unterwegs. Und durch seine Neugierde war er mal wieder der letzte, was ihm letztendlich sein Leben rettete. Denn all seine Artgenossen wurden in den Netzen der Fischer gefangen und starben qualvoll. Somit war der kleine Delphin ganz auf sich alleine gestellt und musste nun erkennen, dass die kleinen Fische nicht zum spielen da waren, sondern auf seinem Speiseplan standen. Er brauchte sehr lange, bis er seinen ersten Hunger richtig stillen konnte. Aber sein steter Lebenswille ließ ihn am leben.

1 Jahr nach dem Tod seiner Familie und seiner Freunde schwamm der Delphin zu der Stelle wo damals die Fischer waren. Und er traute sich sogar noch weiter an die Küste heran. Es gab dort eine kleine Bucht, wo einige kleine Felsen aus dem Meer ragten. Die Sonne spiegelte sich so wunderbar im Wasser, dass der Delphin nie genug davon bekam, in dieser Bucht zu spielen. Doch er kannte auch die Gefahr, die sich dort verbarg. Aber das Gefühl der Geborgenheit trieb ihn immer wieder zu dieser Stelle. Eines Tages, als er sich wie so oft seinem Spiel hingab, hörte er eine seltsame Stimme, die er noch nie in seinem Leben zuvor gehört hatte. Er sprang aus dem Wasser, um zu sehen, was dort geschah. Doch er konnte nichts sehen. Der Delphin schwamm ganz vorsichtig zu den Felsen und sah den Weißkopfadler dort liegen. Abgemagert, kaum noch die richtige Luft zum Atmen. Aus seinem Instinkt heraus schwamm er so lange und so schnell er konnte immer wieder auf den Felsen zu, bis das Wasser so sehr spritzte, dass es den Adler erreichen konnte. 


Langsam schlug der Adler seine Augen auf. Von den Strapazen seiner Flucht noch sehr geschwächt, begann das Weißkopfadlerweibchen zu erzählen an. Sie erzählte dem Delphin von ihrer Gefangenschaft und all ihren Qualen, die sie erleiden musste. Doch bevor sie ihm sagen konnte wie sie die Freiheit wieder erlangt hatte, schlief sie wieder ein. Sie war einfach noch zu erschöpft. In diesem Moment nutzte unser kleiner Delphin die Zeit um Fische zu fangen. Aber nicht für sich, sondern für seine neue Freundin. Denn er fühlte sich mit ihr sehr verbunden. Er brachte seinen Fang zu dem Felsen und servierte dem Adler seine Fische. Nach den ersten Bissen ging es dem Adler etwas besser. Sie erzählte dann, dass Tierschützer den Wilderern auf die Spur gekommen sind und sämtliche Tiere, die in Gefangenschaft waren, befreiten. Die Flügel des Weißkopfadlers waren noch nicht vollständig nach gewachsen. Doch in ihrer Angst versuchte sie so gut es ging zu fliegen. Denn sie wollte nicht wieder in irgendwelchen Käfigen gefangen gehalten werden. Und somit hat sie nach 2 Wochen dann endlich diesen Felsen erreicht. Sie wußte nicht, ob sie es überleben würde. Sie wußte nicht, ob sie jemals über das weite Meer fliegen könnte, aber sie wollte es wenigstens einmal gesehen haben. Der Delphin hörte ihr Stundenlang, Tagelang zu, sprach mit ihr und verstärkte ihren Mut. Er versorgte sie mit allem, was sie brauchte damit sie wieder zu Kräften kam. Und je mehr sie ihre Lebensgeister spürte, desto mehr übte sie an ihren Schwingübungen. Sie gab nicht mehr auf, denn sie fühlte sie war nicht mehr allein. Sie hatte einen Freund fürs Leben gefunden. Und sie wollte es sich und ihm beweisen, dass es sich zu leben lohnt. Nach 2 Monaten des harten Übens fühlte sie sich stark genug. Zum ersten Mal in ihrem Leben zog sie hoch am Himmel ihre Kreise. Sie war unheimlich stolz auf sich und dankte ihrem Lebensretter. Seitdem ziehen die beiden über das weite Meer. Das Weißkopfadlerweibchen hoch über und der Delphin unter den Wellen.


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